Die indische Insel Majuli gilt derzeit noch als größte Flussinsel der Welt. Diesen Status könnte sie aber bald verlieren, denn durch Bodenerosion geht immer mehr Land an den Fluss verloren. Diese Webseite möchte Sie, liebe Leser, auf die Bedrohung dieses Naturparadieses aufmerksam machen und Sie über die besondere Lebensweise und Kultur der Insulaner informieren.

Diese riesige Süßwasserinsel ist nicht nur geografisch bedeutend, sondern auch kulturell, ökologisch und spirituell einzigartig. Ein sanfter, nachhaltiger Tourismus könnte der Insel helfen. Daher stellen wir Ihnen auch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und touristischen Angebote vor, die sich für naturliebende, kulturell aufgeschlossene Reisende empfehlen.
Majuli liegt im indischen Bundesstaat Assam, im Osten des Landes. Die Insel wird im Norden vom Subansiri-Fluss begrenzt, während im Süden der mächtige Brahmaputra fließt, der sie vom Festland trennt. Im Norden grenzt die Stadt Lakhimpur, im Südwesten liegt Golaghat, und im Südosten befindet sich Sibsagar. Direkt südlich von Majuli liegt Jorhat, während der Distrikt Dibrugarh am östlichsten Rand der Insel gelegen ist.
Auf Majuli leben etwa 167.000 Menschen, das sind rund 300 Einwohner pro Quadratkilometer. Die Insel hat derzeit eine Gesamtfläche von ungefähr 352 Quadratkilometern, doch ihre Fläche nimmt alarmierend schnell ab. Ein großes Problem ist die Bodenerosion durch den Fluss. Befeuert wird es durch die Folgen großflächiger Abholzung während der letzten Jahre.
Die Zukunft der Insel steht in den Sternen, falls nicht umgehend geeignete Maßnahmen für ihren Erhalt in Angriff genommen werden. Die Aktivitäten der Regierung und einzelner Insulaner haben bislang noch nicht ausgereicht, um die Erosion auf allen Inselteilen wirksam zu stoppen. Immerhin hat ein Einzelner sich an das große Projekt der Aufforstung gewagt. Zu Beginn seiner Aktivitäten, vor 35 Jahren, wurde Jadav Payeng noch belächelt. Inzwischen sehen alle Insulaner die großen Erfolge der Aufforstung, denn in Gebieten mit dichtem Waldbestand bleibt der Boden geschützt.

Wie entstand Majuli?
Die Insel war zunächst eine Halbinsel bzw. eine Ansammlung von Inselchen und entstand wohl aufgrund eines Erdbebens um das Jahr 1750, welches die Flussläufe des Brahmaputra und seiner Nebenflüsse veränderte.
Historisch war Majuli früher deutlich größer als heute. Vor dem Erdbeben von 1950 umfasste die Insel rund 1.250 Quadratkilometer. Die stetige Bodenabtragung und wiederholte Überschwemmungen haben jedoch große Teile der Landfläche geschluckt. Prognosen zeigen, dass Majuli in den nächsten 15–20 Jahren vollständig überflutet sein könnte, wenn keine wirksamen Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
Bedrohungen für Majuli
1. Bodenerosion
Majuli verliert jährlich mehrere Quadratkilometer an Landfläche durch die ständige Erosion des Brahmaputra und seiner Nebenflüsse. Diese Erosion wird durch exzessiven Sedimenttransport, Abholzung und seismische Aktivitäten verstärkt. Große Überschwemmungen, wie die von 1998, haben unzählige Hektar Land zerstört und viele Dörfer sowie historische Klöster zum Umzug gezwungen.
2. Überschwemmungen
Jährliche Überschwemmungen erschweren das Leben auf Majuli erheblich. Wasserströme des Brahmaputra überfluten weite Teile der Insel, zerstören Ernten und machen fruchtbare Böden unbrauchbar. Sogar die Satras – die spirituellen Stätten Majulis – stehen regelmäßig unter Wasser.
3. Klimawandel
Die Auswirkungen des globalen Klimawandels verschärfen die bestehenden Probleme. Höhere Wasserspiegel, intensivere Monsune und unvorhersehbare Wetterextreme bedrohen die ökologische und soziale Stabilität der Region.

Wie kann Majuli gerettet werden?
Majuli zeigt, wie Menschen und Natur im Einklang leben können. Die Erhaltung der Insel ist wichtig für die Umwelt und ihre einzigartige Kultur. Der Schutz von Majuli erfordert Anstrengungen auf mehreren Ebenen:
1. Renaturierung
Der Schutz der Ufer und die Aufforstung sind entscheidende Maßnahmen. Initiativen wie die des Umweltschützers Jadav Payeng, der eigenständig große Flächen der Insel wiederbewaldet hat, sind Beispiele für den Erfolg solcher Projekte und sollten viel mehr Unterstützung erfahren.
2. Verbesserte Infrastruktur
Fähren sind derzeit die einzige praktische Möglichkeit, die Insel zu erreichen. Eine zweispurige Verbindungsstraße zum Festland ist geplant bzw. im Baus. Der Ausbau der Infrastruktur könnte den Zugang erleichtern und den Tourismus fördern, was wiederum Mittel für den Erhalt der Insel bereitstellt.
3. Stärkere Gesetzgebung
Die Regierung von Assam arbeitet zusammen mit nationalen und internationalen Organisationen an Schutzprogrammen wie dem „Majuli Island Protection and Development Council“. Diese Bemühungen müssen intensiviert und langfristig angelegt sein.
4. Bewusstsein schaffen
Die Einzigartigkeit Majulis sollte weltweit bekannt gemacht werden, um mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit zu gewinnen. Die Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe könnte ein entscheidender Schritt sein.

Die kulturelle und religiöse Bedeutung Majulis
Majuli ist nicht nur ein geografisches, sondern auch ein kulturelles Juwel. Über Jahrhunderte haben verschiedene Ethnien die Lebensweise der Insel geprägt. Die Beziehung zwischen Mensch und Natur ist hier besonders stark. Vor allem aber ist die Insel das Herz der Vaishnavite-Kultur in Assam und beherbergt zahlreiche Klöster, sogenannte Sattras. Diese religiösen und kulturellen Zentren spielen eine zentrale Rolle in der Bewahrung der spirituellen und sozialen Traditionen der Region.
Die Vaishnavite-Klöster wurden vom spirituellen Führer Srimanta Sankardeva im 16. Jahrhundert gegründet und dienen bis heute sowohl als religiöse Einrichtungen als auch Zentren für Kultru und Bildung. Der berühmte Sattriya-Tanz, eine der klassischen Tanzformen Indiens, wurde hier entwickelt und trägt bis heute die kulturelle Essenz Assams.
Der moderne Lebensstil beeinflusst natürlich auch Majuli und zeigt sich im Einsatz neuer Baumaterialien oder Kostüme für Tanz und Theater. Doch das eigentliche kulturelle Erbe der Satras blieb davon unberührt. Sie haben es geschafft, die ursprüngliche Atmosphäre, den Stil und die Inhalte, wie vom Gründer vorgesehen, zu bewahren.

Sivaprasad Rao Mallampali | Dreamstime.com
Sehenswertes
- Vaishnava Satras: Von Sankardeva gegründete Klöster, die die spirituelle und kulturelle Tradition der Vaishnavite-Kultur bewahren.
- Farbenfrohe Kultur der Stämme: Einblicke in das Leben der indigenen Stämme, ihre Tänze, Musik und Bräuche.
- Zugvögel: Majuli ist ein Paradies für Vogelliebhaber, besonders während der Zugvogel-Saison.
- Töpfern: Traditionelle Keramikherstellung, ein Handwerk, das seit Generationen weitergegeben wird.
- Maskenherstellung: Handgefertigte Masken aus Bambus und Ton, die für Aufführungen verwendet werden. Besucher können traditionelle Techniken ausprobieren und ihre eigenen Masken gestalten.
- Handgemachter Mekhla Chadar: Fein gewebte Textilien, die ein Beispiel für das Kunsthandwerk der Region sind.
Traditionelle Feste der Insel
- Folgu Utsav (Holi): Die farbenfrohe Feier von Holi auf der Insel, begleitet von Musik und Tanz.
- Porag Utsav: Ein traditionelles Erntefest, bei dem Gesang, Tanz und Aufführungen im Mittelpunkt stehen.
- Ali-ai-ligang-Festival: Ein Erntefest der Mising-Community, gefeiert zwischen Februar und März mit Tanz und Musik.
- Paal Namm Festival: Ein lokales religiöses und kulturelles Fest, das im Winter gefeiert wird.
Urlaub auf Majuli, eine außergewöhnliche Erfahrung

Trotz der Herausforderungen bleibt Majuli ein magischer Ort voller natürlicher und kultureller Wunder. Die Insel ist ein leuchtendes Beispiel der Biodiversität und ein sicherer Zufluchtsort für seltene Vogelarten und exotische Tiere. Mit ihren grünen Reisfeldern, ruhigen Flüssen und malerischen Landschaften zieht sie Naturliebhaber und Fotografen aus der ganzen Welt an.
Majuli bietet auch gute Möglichkeiten für Ökotourismus. Besucher können das reiche Erbe der Insel erleben, die Satras besuchen, traditionelle Handwerkskunst bewundern und an spirituellen Praktiken teilnehmen. Darüber hinaus sind die Bewohner von Majuli bekannt für ihre Gastfreundschaft und ihre starke Verbindung zur Natur.
Eine Reise nach Majuli ist ein Abenteuer, das sich besonders für Individualtouristen und Öko-Reisende eignet. Von der Stadt Jorhat aus können Besucher die Insel mit der Fähre erreichen. Einige kleine Kreuzfahrtschiffe legen ebenfalls in Majuli an.
Es empfiehlt sich, die Insel zu erkunden, bevor der Massentourismus sie erreicht. Die Ruhe, die reiche Kultur und die Naturwunder machen Majuli zu einem unvergesslichen Ziel.
Mehr Informationen zu Sehenswürdigkeiten, Tourismus und Unterkünften auf Majuli
Klima und beste Reisezeit
Majuli hat ein tropisches Klima, geprägt von heißen Sommern mit Temperaturen über 30°C und feuchten Monsunregen zwischen Juni und September, die oft zu Überschwemmungen führen. Eine Luftfeuchtigkeit von über 80% ist auf der Insel nicht ungewöhnlich.
Die Wintermonate von November bis Februar sind etwas kühler mit 9 bis 25°C und machen die Insel besonders reizvoll. Die beste Reisezeit ist von Oktober bis März, da das milde Wetter ideale Bedingungen bietet, um die Landschaft zu erkunden und die kulturellen Highlights wie die Satras und traditionelle Feste zu erleben. Diese Monate sind auch ideal für die Beobachtung der Zugvögel.
Das milde Klima auf der Insel befördert eine reiche Tier- und Pflanzenwelt. Speziell seltene Vogelarten fühlen sich auf Majuli wohl. Exotische Tiere finden dort ebenfalls ein sicheres Zuhause, da Umweltverschmutzung derzeit auf der Insel keine Rolle spielt.
Verwaltung und öffentliches Leben
Laut der Volkszählung von 1991 umfasst Majuli 244 Dörfer, von denen allerdings schon 35 durch Flusserosion zerstört wurden.
Die Infrastruktur umfasst drei Filialen staatlicher Banken und vier Genossenschaftsbanken sowie sieben Gesundheitszentren und zwei private Pflegeheime.
Allerdings sind nicht alle Dörfer elektrifiziert, und die Verkehrsanbindung ist begrenzt, da es weder Bahn- noch Flugverbindungen gibt und keine direkten Nationalstraßen verlaufen. Motorfähren dienen als wichtigste Verkehrsverbindung zur Außenwelt, wobei momentan eine zweispurige Brücke zum Festland gebaut werden soll.
Im Bereich Bildung existieren rund 500 Grundschulen, zudem vier Einrichtungen für Grundstudiengänge, drei für höhere Schulabschlüsse, 60 Gymnasien und berufliche Ausbildungszentren.
Steckbrief Majuli
- Lage: Bundesstaat Assam, Indien, Distrikt Majuli
- Flüsse: Brahmaputra, Subansiri
- Fläche (2014): 352 km²
- Höhe über dem Meeresspiegel: bis 85 Meter.
- Einwohnerzahl: 167.304 (2011)
- Bevölkerungsdichte: 300/km²
- Ethnische Gruppen: Mising, Deori, Kaibarta, Sonowal-Kacharis, Koch, Ahom, Sutiya, Kalita, Brahmin, Sut und Nath-Gruppen.
- Kultur: Zentrum der assamesischen Vaishnavite-Kultur, Heimat der Satras (Vaishnavite-Klöster) und des klassischen Sattriya-Tanzes
- Kandidatur als UNESCO-Welterbe (Kulturlandschaft) in Prüfung.
- Verwaltung: Distrikt Majuli, Verwaltungssitz Garamur
- Zeitzone: UTC+5:30 – Die Insel ist der mitteleuropäischen Standardzeit um 04:30 Stunden voraus.
- Postleitzahlenbereich: 785102–785110
- Telefonvorwahl: 03775
- Geografische Koordinaten: 27°00′N, 94°13′E
- Wirtschaftszeige: Fischerei, Landwirtschaft (Reis- und Gemüseanbau) und Tourismus (Öko-Tourismus)
- Traditionelle Handwerksprodukte: Masken, Wandbehänge, Schmuck und Kunsthandwerk aus Holz und Bambus
Fazit
Majuli ist ein einzigartiges Reiseziel in Indien. Die Insel bietet nicht nur atemberaubende Naturerlebnisse, sondern auch eine reiche Kultur und Geschichte. Besonders die Satras sind wichtige Orte für die Bewahrung der Vaishnavite-Tradition und des klassischen Sattriya-Tanzes.